Jan 152015
 

Der Runde Tisch gegen Gentrifizierung in Moabit hatte zu seinem Januartreffen Quartiersräte aus Moabit eingeladen, um über die Aktivitäten des Bezirksamt zur Einrichtung von Milieuschutzgebieten zu beraten. Mehr als eineinhalb Jahre seit unserer Konferenz zum Mietenstopp hat sich das jetzt hingezogen. Der Runde Tisch befürchtet, dass Milieuschutz möglicherweise nur für wenige und kleine Gebiete festgelegt und damit dieses städtebauliche Instrument nicht wirklich effektiv zum Schutz von Mieterinnen und Mietern eingesetzt wird. Gerade angesichts der Diskussion zur Einführung einer Umwandlungsverordnung sind diese Gebietsausweisungen wichtig, weil sie die Voraussetzung für deren Geltung sind. Beim nächsten Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Mitte, am 28. Januar, soll die Studie, das sog. Grobscreening, vorgestellt werden. Der Runde Tisch und die Initiative „Wem gehört Moabit?“ hat folgende Stellungnahme erarbeitet und ruft Kiezinitiativen, Quartiersräte und soziale Träger aus Moabit und Wedding dazu auf, diese mit zu unterstützen. Außerdem bittet sie um konkrete Argumente, die für die Ausweisung der verschiedenen Gebiete sprechen. Bitte schickt uns eine Liste der Argumente und Eure Unterstützung der Stellungnahme möglichst bis zum 22. Januar an: kontakt[at]wem-gehoert-moabit.de

Stellungnahme zum geplanten Erlass von Erhaltungssatzungen im Bezirk Mitte:

Als Aktive in Quartiersräten, Vereinen und Initiativen kennen wir die soziale Situation in unseren Nachbarschaften und fordern den Bezirk dringend auf, einen effektiven Verdrängungsschutz in unserem Bezirk durchzusetzen.

Steigende Mieten, Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen und Modernisierungsankündigungen gehören auch für viele Mieterinnen und Mieter in Wedding und Moabit inzwischen zum Alltag. Wir kennen die Häuser, die entmietet werden, weil sich mit neuen Mietverträgen oder dem Verkauf von Eigentumswohnungen mehr Geld verdienen lässt. Wir kennen die Familien, die in überbelegten Wohnungen leben, weil sie sich keine größere leisten können. Wir kennen die Jungen, die immer länger bei ihren Eltern wohnen bleiben, weil sie keine Wohnung finden. Wir kennen die Alten, die mehr als die Hälfte ihrer Rente für die Miete aufbringen müssen, weil sie keine kleinen und preiswerten Wohnungen in der Nachbarschaft finden, und wir wissen, dass sie bei Umzug fast immer ihr lebensnotwendiges soziales Netzwerk einbüßen (eingefügt von der SeniorInnenvertretung). Wir kennen die Sorgen von vielen Nachbarinnen und Nachbarn, die einen Eigentümerwechsel, eine Modernisierung oder die nächste Mieterhöhung befürchten.

Vor allem Mieterinnen und Mieter mit geringen Einkommen erleben die aktuellen Entwicklungen in Wedding und Moabit als Verdrängungsdruck und haben kaum eine Chance in ihren Nachbarschaften eine leistbare Alternative zu finden. Verdrängung und drohender Wohnungsverlust betrifft die Mieterinnen und Mieter in vielen Nachbarschaften und ein Verdrängungsschutz sollte sich nicht nur auf ausgewählte Quartiere beschränken. Verdrängungsgefahr ist in Wedding und Moabit keine Frage des Wohnortes, sondern eine Frage des Geldes und der Eigentumsverhältnisse. Aus unser täglichen Arbeit wissen wir, dass Mietsteigerungen und Verdrängung in weiten Teilen unseres Bezirks ein Problem ist.

Die Festlegung von Milieuschutzsatzungen für kleine ausgewählte Quartiere wäre nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein. Was wir jedoch brauchen ist ein echter Verdrängungsschutz für Wedding und Moabit. Wir fordern alle Verantwortlichen im Bezirk auf, dies in den Beratungen zur Festlegung von Erhaltungssatzungen zu berücksichtigen.

Runder Tisch gegen Gentrifizierung in Moabit, Wem gehört Moabit, mitunterzeichnet vom Quartiersrat Moabit West, der SeniorInnenvertretung Mitte und der Stadtteilvertretung Turmstraße.

Nachtrag:
Das Grobscreening für Mitte wurde im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt, hier die Päsentation als pdf.

Seite des Bezirksamts zum Milieuschutz

Artikel zum Milieuschutz für Wedding und Moabit bei MoabitOnline (mit aktuellen Nachträgen).

Artikel zur Mieterberatung Milieuschutz Moabit bei MoabitOnline

Artikel zur Infoveranstaltung des Bezirksamts zum Milieuschutz in Moabit (MieterEcho Online). Und hier das Flugblatt zum Milieuschutz, das der Runde Tisch gegen Gentrifizierung dort verteilt hat.

  16 Responses to “Moabit und Wedding brauchen effektiven Verdrängungsschutz”

  1. Hi Leute,
    Die SeniorInnenvertretung Mitte wird am 20.1. bei ihrer monatlichen Beratung eine unterstützende Stellungnahme beschließen, BA und BVV zuleiten und selbstverständlich auch an euch schicken.
    Gruß
    Elke

  2. Milieuschutzgebiete sind wichtig, aber wirklich bringen sie nur was mit der Umwandlungsverordnung.
    Zur Zeit wird gerade ein Mieten Volksbegehren vorbereitet, ein erster Artikel erschien heute in der TAZ:
    http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=ba&dig=2015%2F01%2F19%2Fa0092&cHash=22fe333284e41c25f22da53410ffb4f1

  3. Liebe Elke Schilling,
    das ist super! Schließlich wollen wir keine Alibi-Mini-Milieuschutzgebiete!

  4. Am 28.1. Stadtentwicklungsausschuss – kommt alle!
    ca. um 19 Uhr: Schultheitss
    ca. um 19:45/20 Uhr Milieuschutz-Studie

  5. Die Stadtteilvertretung Turmstraße hat gestern getagt, über diese Thema gesprochen, und schließt sich mit ganzem Herzen dieser Stellungnahme des Runden Tisches gegen Gentrifizierung an!

  6. Die Stadtteilvertretung Turmstraße hat am Montag folgenden Antrag beschlossen

    „Die Stadtteilvertretung Turmstraßen fordert das Bezirksamt auf, im Zuge der Prüfung der Festlegung von Milieuschutzgebieten im Sinne des Schutzes vieler Bewohner vor Verdrängung zu entschieden. Nicht nur im Sanierungs- und AZ-Gebiet Turmstraße gehören Häuserverkäufe, Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen und teure Modernisierungen zum Alltag. Vor allem Mieter mit geringen Einkommen erleben die aktuellen Entwicklungen als Verdrängungsdruck und haben kaum eine Chance, in ihren Nachbarschaften eine bezahlbare Alternative zu finden. Der Erlass von Milieuschutzsatzungen in möglichst vielen Teilen des AZ-Gebiets kann helfen, diese Entwicklung zwar nicht zu stoppen, aber abzumildern. Falls das Grobscreening für Milieuschutzgebiete in Mitte ergeben sollte, dass im AZ-Gebiet kein Milieuschutz vorgesehen ist, werden wir zusammen mit anderen Institutionen und Initiativen ein entsprechendes Anwohnerbegehren in die Wege leiten.“

  7. Der Runde Tisch gegen Gentrifizierung in Moabit hat sich am 10. Februar 2015 getroffen und über die Vorstellung des Grobscreenings im letzten Stadtentwicklungsausschuss diskutiert. Eine ganze Reihe von uns waren dabei. Da die Diskussion im Ausschuss wegen der fortgeschrittenen Zeit verschoben werden musste, ergibt sich die Möglichkeit diese auf besserer Datengrundlage zu führen.

    Wir haben Baustadtrat Spallek, den Mitgliedern des Stadtentwicklungsausschuss und den Fraktionen der BVV Mitte dazu folgende Stellungnahme übermittelt:

    „Wir halten es für eine nachvollziehbare Diskussion für dringend erforderlich, dass der Bezirk seine Datenbasis des Grobscreenings öffentlich zugänglich macht. Ansonsten können wir nicht nachvollziehen, warum große Teile Moabits herausfallen, bzw. warum sie nur als Beobachtungsgebiet eingestuft werden, obwohl dort großer Verdrängungsdruck herrscht.

    Wir können nicht nachvollziehben, warum diese Daten als sensibel eingestuft werden. Sie sollten unbedingt vor der Diskussion im nächsten Ausschuss veröffentlicht werden. Das erfordert ein seriöses transparentes Vorgehen. Bitte setzen Sie sich dafür ein.

    Sinnvoll ist gewiss, dass „Verdachtsgebiete“ vorrangig behandelt werden. Aber die Mitglieder der BVV und das Bezirksamt sollten sich im Vorhinein auf ein Verfahren für die „Beobachtungsgebiete“ abstimmen, damit diese nicht in Vergessenheit geraten. Alle Gebiete, in denen eine Bevölkerungsdynamik zu erkennen ist, sollten bei Bauanträgen im Blick behalten werden, damit ggf. schnell weitere Milieuschutzsatzungen erlassen werden können. Die Mitglieder des Stadtentwicklungsauschusses haben hier eine Kontrollfunktion, die sie verantwortlich wahrnehmen sollten, da ihnen die Bauanträge in geheimer Sitzung vorgestellt werden.

    Das Bezirksamt sollte zudem möglichst zeitnah einen Aufstellungsbeschluss verabschieden, mit dem Veränderungen schon jetzt verhindert werden könnten.

    Bitte nutzen Sie die verbleibenden anderthalb Wochen bis zum Ausschusstermin um Transparenz herzustellen.“

  8. Veröffentlichung mit weiteren Nachträgen zum Milieuschutz im Bezirk Mitte:
    http://www.moabitonline.de/22356

    Im April hatte die BVV abgestimmt und diesen Aufstellungsbeschluss gefordert. Allerdings wird das Bezirksamt das nicht umsetzen, s. BA-Vorlage aus der Sitzung vom 11. August 2015:
    http://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/bezirksamt/beschluesse-des-bezirksamts/2015/1266_2015_bav_zu_ds_1981_iv_erhaltungssatzung_sb.pdf

  9. In der Oldenburger 43 hat es nun Fragebögen zum Thema „soziales Erhaltungsrecht“ gegeben. Wer das Haus kennt, weiß, wie zynisch das ist. *augenverdreht*

  10. Die Milieuschutzsatzungen für Mitte kommen dann jetzt endlich voraussichtlich im Januar oder Februar 2016!
    Was das u.a. bringen kann, zeigt hier das Beispiel aus Kreuzberg, Wrangelstraße 66, wo das Vorkaufsrecht der Kommune wahrgenommen wurde:
    http://www.bizim-kiez.de/blog/2015/09/26/wrangelstr-66-taborstr-88a/
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg-bezirk-stoppt-verkauf-von-wohnungen/12722918.html

  11. Das Bezirksamt Mitte von Berlin hat in seiner Sitzung am 16.02.2016 die Vorlage von Entwürfen der Festsetzung von Erhaltungsverordnungen für das Gebiete „Waldstraße“ sowie für das Gebiet „Birkenstraße“ beschlossen, die der BVV Mitte zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Die jeweiligen Beschlüsse mitsamt der jeweiligen Gebietsabgrenzung und der zugrunde liegenden Studie „Vertiefende Untersuchungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsordnung in Berlin-Moabit“ stehen als PDF Dateien für das Gebiet Birkenstraße (PDF, 26,5 MB) und das Gebiet Waldstraße (PDF, 26,4 MB) auf der Website des Bezirksamts Berlin Mitte bei der Dokumentation der BA-Beschlüsse zur Verfügung.

  12. Festsetzung von Erhaltungsverordnungen für Gebiete in Moabit und Wedding als TOP4 der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses der Bezirksverordnetenversammlung Mitte.

    Die Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses am 7. April 2016 wird wegen einer Vor-Begehung eines Grundstücks nicht im Rathaus Mitte stattfinden, sondern im Anschluss an die Vor-Ort-Begehung im Nachbarschaftscafé Kiezkuchen, im EG des Haus der Jugend, Reinickendorfer Str. 55 (am Nauener Platz), 13347 Berlin, fortgesetzt werden.
    Mit dem Beginn des Tagesordnungspunkts TOP 4 „Milieuschutz in Miete“ rechnet der Ausschussvorsitzende für ca. 18:20 / 18:30 Uhr.
    Zu Beginn wird eine Expertenanhörung durchgeführt. Hierzu sind als Berichterstatter das Bezirksamt Mitte sowie die Experten Sigmar Gude (TOPOS), Werner Oehlert (ehem. ASUM, seit kurzem im Ruhestand) und Reiner Wild (Berliner Mieterverein) eingeladen. Im Anschluss an die Anhörung steht die Beschlussfassung der Drucksachen, mit denen die Festsetzung der Erhaltungsverordnungen für die in Diskussion befindlichen Gebiete in Moabit (s.a. MoabitOnline-Artikel) und Wedding sowie die Aufhebung einer Erhaltungsverordnung für die »Oranienburger Vorstadt« (im Altbezirk Mitte) beschlossen werden sollen, auf der Tagesordnung.
    Frank Bertermann kündigte für die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zwei Varianten eines Ausschussantrags zu Genehmigungskriterien für die Umsetzung der Erhaltungsverordnung gemäß §172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB ohne bzw. mit Berücksichtigung der gebietsspezfischen Mietspiegel an (die verlinkten Dateien geben den Stand vom 28.3.2016 wieder). Die vollständige Tagesordnung steht als Download im PDF-Format zur Verfügung.

  13. Alle Infos des Bezirksamts zum Milieuschutz in Wedding und Moabit sind hier abzurufen:
    http://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/staedtebaufoerderung/erhaltungsgebiete/milieuschutzgebiete-492487.php

    Die Mieterberatungen werden wohl erst im Oktober vor Ort starten können.

    Auf der Webseite sind die festgesetzten Gebiete und die Untersuchungen zu finden. Wichtig wird sein, ob der vorgeschlagene gebietsspezifische Mietspiegel und die Kriterien für die Genehmigungspraxis, die nicht direkt in die Satzung aufgenommen wurden, angewendet werden.

  14. Seit Anfang Oktober gibt es die Mieterberatung für Milieuschutzgebiete (Wald- und Birkenstraße) in Moabit:
    Stadtteilladen Krefelder Straße 1a – Mo 16–18 Uhr, Do 10–12 Uhr
    Kontakt: Telefon (030) 443381,
    E-Mail: team-moabit@mieterberatungpb.de
    www. mieterberatungpb.de

  15. Weitere Nachträge zum Milieuschutz in Moabit sind oben im Artikel eingefügt. Bei der Infoveranstaltung des Bezirksamts am 9. Februar in der Heilandskirche hat der Runde Tisch gegen Gentrifizierung dieses Flugblatt verteilt (es kann gerne heruntergeladen, ausgedruckt und weitergegeben werden):
    https://wem-gehoert-moabit.de/wp-content/uploads/2015/01/Flugblatt_2017-02_Milieuschutz2.pdf

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